Freitag, 5. Juli 2024

Physik


Schrödingers Katze ist euch, o naturwissenschaftlich ausgeschlafene Lesehäschen, natürlich bestens vertraut: Die Katze befindet sich in der Kiste und ist weder tot noch lebendig, bis man hineinschaut.

Verwandt sind ihr, wie uns ein Meme lehrt, Schrödingers Migranten, die uns Autochthonen die Jobs wegnehmen und dabei fett Sozialleistungen fürs Nichtstun kassieren. Dazu passen Schrödingers Kassenärzte, die euer Ergebener kürzlich entdeckt hat, nämlich in einem Falter-Artikel zur medizinischen Versorgung. Dort hieß es: „Ein Kassenarzt hat zehn bis 20 Patienten pro Stunde, ein Wahlarzt vier bis fünf.“

Man liest es und denkt sich: Jaja, die Kassenärzte müssen schon schauen, dass sie auf ihren Schnitt kommen, bei dem bisschen, dass die Kasse zahlt.

Naja. Mal abgesehen davon, dass dem Artikel zufolge Kassenärzte im Schnitt über 50 % mehr verdienen als Wahlärzte, sollten wir kurz in uns gehen und uns folgende Frage stellen:

Wann haben wir zuletzt das Wartezimmer eines Kassenarztes betreten, dort zehn (oder gar 20) bereits Wartende vorgefunden und uns gedacht: Super, in einer Stunde bin ich dran?

Das ist also Schrödingers Kassenarzt: Er fertigt Patienten im Fünfminutentakt ab, aber nur, solange man selbst nicht hingeht. Dann widmet er sich einem jeden Leidenden mindestens viermal so lang.

Ja, auch dem Zweckdichter ist klar, dass Kassenärzte ihre Patientenscharen nicht aus Geldgier rasch behandeln, sondern weil sie halt müssen. Und dass zu den mindestens zehn Patienten pro Stunde auch jene gehören, die sich von der Sprechstundenhilfe ein Rezept holen oder dieses per E-Mail anfordern und auf die Karte gebucht bekommen.

Damit kommen wir zu Schrödingers Gast. Mit ihm bekommst du es zu tun, wenn du den Fehler machst, in einem Lokal essen zu wollen, dessen Erzeugnisse sich besonders gut zum Mitnehmen eignen. Schrödingers Gast ist nicht zugegen, bis du hungrig wirst. Du betrittst die, sagen wir, Burritoschmiede und freust dich, dass nur zwei Esser in spe vor dir warten, dass ihnen köstliche Flade mit was drin werde.

Nach einer Weile kommst du aber ins Grübeln: Wie kann es sein, dass drei Burritofachkräfte ständig Burritos bauen, während die beiden Hungrigen vor dir immer noch warten? Das liegt an Schrödingers Gästen, die zu faul sind, um das Haus zu verlassen, und sich ihre Labung deshalb liefern lassen. Sie kommen alle vor dir dran. Denn du warst doof genug, extra herzukommen, während ihnen klar ist, dass Google-Rezensionen lieb sind, dass aber Bestellwillige wahrscheinlich gleich die Bewertungen auf Foodora oder was immer gerade der Lieferdienst du jour ist, checken. Das wissen auch die Lokalbetreiber, deshalb musst du warten. Der Lieferdienst, und damit kommen wir zum Schluss, wird jedenfalls einer sein, der eine Flotte von Elektromopeds betreibt, deren jedes die Aufschrift Ich bin ein Fahrrad trägt. Nein, bist du nicht. Sonst hättest du Pedale. Du bist so sehr ein Fahrrad, wie dünne Zucchinistreifen Nudeln sind. Schönes Wochenende!

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