Manchmal,
o Häschen, fragt man sich schon. Ein Coach (oder heißt das eine Coach? Eine Coachette? Eine Coachin? Hilfe!) namens Jenny Simanowitz
hat im Standard erklärt: 1956 habe
ein Soziologe namens Erving Goffman erstmals behauptet, dass jede Kommunikation "eine Performance"
sei. [… ]Goffman vergleicht unsere tägliche Kommunikation mit einer Serie von
Theaterauftritten, jeder mit seiner eigenen Kulisse, Fassade und Darstellung.
Und
das war 1956 neu und bahnbrechend? Man muss nicht
Shakespeare bemühen (All the world’s a
stage, and all the men and women merely players), man kann aber. Oder
Machiavelli: „Einem Fürsten ist daher
nötig, den Menschen und das reißende Thier spielen zu können.“ Er muss „nicht die vorhin beschriebenen Tugenden
haben, wol aber das Ansehn davon“.
Wir
müssen die Wirkungsgeschichte Macchiavellis nicht durch die nächsten vier
Jahrhunderte verfolgen, um einzusehen, dass Erving Goffman vielleicht ein
wichtiger Soziologe, die Auffassung von Kommunikation als theatralischer
Handlung aber nicht sein originellster Einfall war. Ein bisschen mehr wäre da
schon gegangen, Coach Simanowitz! Ich war ja einst beim Vortrag eines sehr
erfolgreichen Texters und Vortragenden, der uns Jungfuzzis nahezubringen
versprach, wie das coole Texten leichter von der Hand gehe. Der Vortrag dauerte
nach meiner Erinnerung ungefähr eineinhalb Stunden. Ich schwöre, dass der Mann
keine einzige Silbe geäußert hat, die nicht, in etwas anderer Formulierung,
schon Quintilian in seinem, ja,
bahnbrechenden Werk Institutio oratoria
aus dem ersten Jahrhundert der aktuell hieramts gängigen Zeitrechnung
vorweggenommen hätte. Immer diese vorauseilenden Plagiatoren! Der Erfolgstexter
hatte sich aber immerhin die Mühe gemacht, Quintilians Tipps in bullshitbingokompatibles – nun ja: Wording zu kleiden. Während Frau
Simanowitz halt einfach davon überzeugt ist, dass Erving Goffman der
originellste Kopf war, seit Odysseus sich das mit dem Pferd ausgedacht hat. Ich
weiß nicht, wieviel Coaching ich mir da einpacken lassen würde.
Nun
zur Werbung: Die Werbeabgabe kann endgültig abgeschafft werden, weil es nämlich
gar keine Werbung gibt. Ein Sprecher
der Coca-Cola Company hat erklärt, das Unternehmen schalte Inserate, TV-Spots
etc., um Konsumentinnen und Konsumenten
vor der Kaufentscheidung zu informieren, Klarheit zu schaffen und den Absatz zu
erhöhen. Es geht also gar nie um Werbung, sondern IMMER um Information.
Naja, fast. Genaugenommen war es ein Sprecher des
Innenministeriums, der in Herrn Sobotkas Namen zum Thema Wahlwerbung verkündet
hat, man wollte Wählerinnen und Wähler
vor der Wahl informieren, Klarheit schaffen und die Wahlbeteiligung erhöhen. Deshalb
ist es vollrohr okay, wenn staatliche Stellen Geld für Inserate, TV-Spots
undsoweiter ausgeben. Es handelt sich ja nicht um steuerlich finanzierte
Werbung, sondern um Information. Na dann.