Kann mir, o fußballaffine Lesehäschen, jemand die Chose mit diesem Dahlmann erklären? Denn so ganz checkt euer Kolumnator das nicht.
Für alle, die es auch nicht checken, hier das executive summary: Jörg Dahlmann scheint ein ziemlich weißer älterer Mann zu sein, der bisher als Sportkommentator für Sky regelmäßig mit Sprüchen auffiel, die man als sensibler Mensch eher nicht bringen sollte, indem er etwa wissen ließ, wie gern er mit einer prominenten Frau kuscheln würde, mit der er nicht näher bekannt ist.
Der Tropfen, der nun das Fass zum Überlaufen gebracht hat, war ein Satz, in dem er erwähnte, dass ein bestimmter Spieler, der bis vor Kurzem für einen japanischen Club gewirkt hatte, sein letztes Tor „im Land der Sushis“ geschossen habe.
Das, so die Stimme des Shitstorms, sei rassistisch und daher untragbar.
Weil warum? Inkriminiert wurde, so brachte es die taz auf den Punkt, dieses: Er hatte Japaner’innen als „Sushis“ bezeichnet.
Daraus lernen wir erstens, dass es den Genderapostroph gibt. Und zweitens – ja, was eigentlich? Immerhin gibt es – gerade in Japan – nicht nur ein Sushi, sondern viele, viele verschiedene Sushis, und dass mancher bei Lachs und Thunfisch steckenbleibt, beweist nicht, dass die Reise zu Butterfisch, Meeresschnecken oder Muscheln nicht lohnen könnte.
Woher weiß die taz also, dass mit den Sushis Menschen gemeint waren und nicht Reiswälzchen mit Fisch drauf? Schließlich hat Dahlmann, seiner alten weißen Männerschaft unbeschadet, nicht behauptet, dass der Betreffende für die Sushis in seiner Mannschaft ein Tor geschossen hätte. Die Identifikation von Nahrungsmitteln mit Menschen, die klar zutagetritt, wenn Engländer Deutsche Krauts oder Franzosen Engländer rosbifs nennen, liegt hier wohl eher im Auge des Betrachters, also der taz. Euer Ergebener fragt sich, was in der taz vorgegangen wäre, wenn der Spieler vorher im Land der 1.000 Seen oder gar im Land der Schnitzel gekickt hätte.
Jetzt kommen drei gefährliche Worte. Sie lauten Und selbst wenn. Und selbst wenn der Herr Dahlmann tatsächlich Menschen mit Essen in eins gesetzt hätte, ähnlich wie bei den schon erwähnten Schnitzeln, dem Kraut, dem Roastbeef und wasweißichwasesdanochallesgibt: Wie sicher sind wir, dass so etwas rassistisch ist?
Die einschlägige Redefigur ist, wie treue Lesehäschen wissen, das pars pro toto, in dem ein Teil das Ganze vertritt – die vier Wände die Wohnung, Tisch und Bett das Zusammenleben, die Nase den Menschen, die zu stopfenden Mäuler den Nachwuchs und das landestypische Gericht das Land samt seinen Bewohnern. Woher der Rassismusvorwurf? Die einzige Erklärung, die euer Ergebener findet, ist die Befürchtung, dass die Hervorhebung eines Merkmals die anderen unzulässig verkürze, dass also zum Beispiel wir Österreicher auf Schnitzel „reduziert“ würden, womit freilich nicht mehr gesagt ist, als dass wir nicht selten paniert sind.
Die sogenannte Verkürzung ist aber durch die Auswahl bedingt. Es ist halt nicht immer alles gleich wichtig. Selbst wer von Japaner’innen samt Genderapostroph spricht, lügt sich in den alten weißen Männersack, wenn er behaupten wollte, er sei damit allen Bewohnerinnen und Bewohner in ihrer menschlich-historisch-sozialen Totalität gerecht geworden. Er hat auch nur festgehalten, wo sie herkommen. Natürlich gibt es Beleidigungen. Dass aber, selbst wenn die Gleichsetzung stattgefunden hätte, diese Beleidigung kündigungswürdiger sei als wenn man Englänger als Roastbeefs bezeichnet, scheint mir eine kulturelle Herablassung gegenüber Asien zu implizieren, die der taz schlecht ansteht.
Wahrscheinlich ist Dahlmann eh ein Unsympathler. Aber nicht wegen dem Sushi-Satz. Schönes Wochenende!