Freitag, 29. Juli 2016

Sparen am Schmalz

Eine magere Woche ist das, Herrschaften. Was machen wir? Schauen wir in die Zeitung. Und siehe, da ist schon was Hübsches, Fettes: Ein Artikel über die TV-Adaptionen von Rosamunde Pilcher und ihren kongenialen Kolleginnen und Kollegen. Eine ganze Generation deutscher und österreichischer Miminnen und Mimen ist dank ihrer Hervorbringungen zu dem einen oder andern bezahlten Urlaub in Cornwall gekommen. Zur Konkurrenz zählte, so habe ich gelernt, unter anderen das Autorenkollektiv „Lilly Schönauer“, dessen Werke es auf vierzehn Verfilmungen durch ARD und ORF gebracht haben. Doch dann geschah etwas höchst Merkwürdiges, erklärbar nur dadurch, dass die schreibende Journalistin vor lauter Gefühl selber nicht mehr ganz klar gesehen hat. Denn warum wurde nicht mehr weiter Schmonzes verfilmt? Weil der ORF den Sparstrumpf ansetzte.
Es ist ja schon ein bisschen sonderbar, wenn Dinge nicht geschehen, weil jemand den Rotstift angesetzt hat. Denn was man ansetzt, kann man auch unverrichteter Dinge wieder absetzen, zum Beispiel, wenn man sich gerade zu einem kräftigen Schluck anschickt und aber eine Fliege im Getränk schwimmt. Da war es dann nix mit der Erfrischung (außer für die Fliege).
Wie setzt man aber einen Sparstrumpf überhaupt an? Ich habe lange überlegt. Das Problem stellt sich ja so dar, dass der Sparstrumpf zu labbrig ist, als dass man ihn gescheit ansetzen könnte. Man will auf Lilly Schönauer zielen, aber der Sparstrumpf hängt einfach so rum und zielt auf nichts als auf den Erdmittelpunkt.
Bis mir dann endlich die Erleuchtung kam: Der Sparstrumpf ist natürlich leer. Das ist ja das Problem. Wäre er voll, könnte man hinüber zur Raiffeisen gehen, ihn in die Geldzählmaschine leeren (am Land ist das vielerorts noch gratis, während wir Stadtbewohner bald nichts mehr dabei finden werden, der Bank ein bisserl Miete zu überweisen, weil wir uns während eines Gewitters im Eingang untergestellt haben – in der Stadt wohnen ist wie Monopoly) und sich dann ein Zehngangrad zu kaufen, bzw., wenn man eine Dumpfbacke oder, wie man derzeit anscheinend in den USA sagt, ein Douchenozzle ist, ein Fixie ohne Hinterradbremse zum Gebrauch im Stadtverkehr, denn nur Dumpfbacken und ein oder zwei Vollprofis, die mit gottähnlichen Reflexen und ebensolcher Feinmotorik ausgestattet sind, kommen auf die Idee, sich mit einem Fixie ohne Hinterradbremse auf eine befahrene Straße zu wagen. Ach ja, vielleicht auch noch neue Franchisenehmer von Daish, oder, wie weiterhin meist gelesen, des IS. Ich habe mich ja belehren lassen, es werde in der muslimischen Welt weithin als Frechheit empfunden, dass der IS sich das Attribut des Islamischen umhängt, weshalb dort die abfällige Bezeichnung Daish die gängige ist.
Mittlerweile hat ja jeder, der auf die Welt angefressen ist und das mit Gewalt kundtun will, den Freibrief erhalten, sich als Bote von Daish auszuweisen. Das ist ein bisschen so, als würde Trump erklären, dass alle Stimmen von gefärbten Blondschöpfen für ihn zählen, auch wenn sie gar nicht wählen gehen und überhaupt noch nie in den USA waren. Warum also nicht auch die Fixie-Fahrer ohne Hinterradbremse!
Weil aber der Sparstrumpf leer war, hat sich der ORF kein Zehngangrad gekauft, sondern sich den Sparstrumpf über einen Fuß gestreift. Und schon konnte man den Sparstrumpf an- bzw. der Pilcherkonkurrentin den Fuß auf den Hals setzen, und schon war es aus, und es gab nur noch anspruchsvolle Literaturverfilmungen in den ersten Programmen Deutschlands und Österreichs. Na fast.
Und nächste Woche? Keine Ahnung. Lasst euch was einfallen, oder lasst euch überraschen.

Freitag, 22. Juli 2016

Nackt und wahr

Ich weiß, ich weiß, ihr seid ganz heiß. Heiß auf die News aus der Tschickstummelszene, die Konzerne und Regierungen vor euch geheimhalten wollen. Keine Angst, in Kürze geht es weiter mit eurem Lieblingsthema. Wer hätte gedacht, dass Tschickstummel so spannend sein können! Heute haben wir aber etwas anderes zu klären. Es geht um Wendy, laut derstandard.at „Aktionskünstlerin und Stripperin“. Zwischen ihren beiden Tätigkeitsfeldern hat sie glücklich die Direttissima gefunden, eine schnurgerade Linie, die zum Beispiel entlang dem Donaukanal oder durch den Volksgarten führt und auf der sie, so dürfen wir uns das zumindest vorstellen, entlangmarschiert, wie Gott sie geschaffen hat, nämlich nackt, aber ohne Gewinnstreben, denn letzteres macht den Unterschied, ob Wendy ihren Stripperinnenhut (und nur diesen) oder den einer Aktionskünstlerin trägt. Sie teste, so wird berichtet, auf diese Weise „die Geduld und Reaktionen der Wiener“. (Hierin versteckt sich übrigens ein kleines Zeugma, einst eines unserer Lieblingsthemen in dieser Kolumne, bevor der Tschickstummel kam. Wer es findet, kriegt einen Tschickstummel.) „Wirklich schlechte Erfahrungen hätte sie noch nie damit gemacht“, heißt es im wieder einmal zu forsch gesetzten Konjunktiv II statt I weiter, mit der Begründung: „achtet sie ja auch immer schön brav auf kleine Kinder und Burkas“. Selbst wenn wir die Burka als pars pro toto für ihre Trägerin gelten lassen, schwelen in mir Zweifel daran, dass kleine Kinder sich in vergleichbarer Weise von einer nackten Blondine belästigt fühlen könnten wie Musliminnen bestimmter strenger Glaubensvariationen. Die Frage, was die Tante denn da macht, richtet sich gewiss eher an die Mama als an Allah.
Doch darum geht es nicht. Viel wichtiger ist das ja, zu dem wir in Wien ja eine engere Beziehung unterhalten als die Leute anderswo. Denn in weiten Teilen des deutschen Sprachraums kennt man zwar nur eine Verneinung („nein“), aber zwei Bejahungen, nämlich einmal die zustimmende: Machen wir uns nackig? – Ja! und die widersprechende: Kannst du mir nicht mit dem BH helfen? – Doch! In Wien gibt es nur eine, nämlich ja, im Widerspruchsfalle verstärkt durch ein o: Du hast jetzt nicht hergeschaut, oder? – O ja!
Deshalb ist uns das ja hier so teuer, dass wir nicht davon lassen können. Selbst nicht in Fällen wie dem vorliegenden, in dem etwas Merkwürdiges geschehen ist. Denn man würde wohl sagen: Schlechte Erfahrungen habe ich nie gemacht. Ich achte ja immer auf Burkas.
Schließt sich aber der zweite Teil als Nebensatz an, dann klappt es mit dem ja nicht mehr, sondern: Schlechte Erfahrungen habe ich nie gemacht, achte ich DOCH immer auf Burkas. Was ist das Merkwürdige? Die Wortarten haben miteinander Unfug getrieben, wie Gott sie schuf, und die Autorin hat sich nicht mehr ausgekannt. Denn ja bleibt immer Partikel. Doch hingegen ist als bejahende Antwort auf eine negative Frage zwar ebenfalls ein Partikel. Dieses doch ist aber nicht dasselbe wie das Adverb doch, das wir hier gebraucht hätten und das einen begründenden Adverbialsatz anzeigt. So hat vor lauter Hitze auch die Sprache sich freigemacht, und man sieht Dinge, die man nicht unbedingt sehen wollte. Wie bei den Leuten halt.
Zum Abschied noch eine weitere Zeitungsperle: Der Kauf von LinkedIn könnte zur Offensive werden, die nach hinten losgeht. Die Sphären der Metaphern passen eh zusammen, aber irgendwie will es doch nicht so recht.

Freitag, 15. Juli 2016

Big, simple, aber kaum relevant


Wir haben, Lesehäsinnen und Rammler, einiges aufzuholen. Während so einer EM bleibt immer eine Menge liegen und leider! ehe wir uns wieder den vielfältigen Faszinosa des Tschickstummels und seiner Önkel (Onkels? Onkel? Alles irgendwie nicht das Wahre, oder?) Zigarrenstumpen und Pfeifenasche widmen können (bald wird auch die Dampfrohrruine sich dazugesellen, wenn es nicht schon geschehen ist) – wo war ich?

Also: Bald mehr von der Tschickstummelfront. Jetzt sind ein paar andere Punkte abzuarbeiten. Letzte Woche ward mir wieder einmal zu einem Unternehmen die Info, es wolle „jünger werden“. Das hat mich an meine Australienreise erinnert, die schon viel zu lange her ist. Man muss dazu wissen, dass Australien ein großes Land ist. Wenn eine Gegend dort einer Sehenswürdigkeit ermangelt, baut man etwas Auffallendes. Und auffallend heißt groß – Platz ist ja da. Kein Wunder, dass mir damals die Big Banana ebenso untergekommen ist wie der Big Lawnmower, die oder der Big Pineapple, die Big Oyster und der Big Bull. (Diese Liste ist keineswegs vollständig, Wikipedia weiß von etwa 150 Big Things, die zur Freude der Gegenfüßler und ihrer Gäste in der Gegend herumstehen).Bei letzterem handelte (ja, leider: Er wurde vor fast zehn Jahren abgerissen) es sich um eine mehrere Stockwerke hohe begehbare Stierstatue, die ein Bauer einst errichtet hatte, um sein Gehöft zur Tourismusattraktion upzuleveln. Weil so ein Big Bull bald begangen ist, gab es, um die Besucher zum Verweilen zu animieren, auch eine ganze Menge süßer Lämmchen, Zicklein, Kälbchen und so weiter auf dem Hof. Wie das bei Tieren so ist, waren sie alle jung, denn Tiere werden vom Erwachsenwerden nicht süßer. Auf unsere Frage, was denn mit den Tieren geschehe, wenn sie die Lebensphase maximaler Knuddligkeit hinter sich gelassen hatten, zwinkerte uns der Bauer vielsagend zu.

Daran und an den Filmklassiker Soylent Green muss ich immer denken, wenn eine Organisation den Wunsch nach mehr Jugend äußert.

Und weil wir beim Upleveln waren, folgende Frage: Jede von uns hat schon etwas downgeloadet. So manche aber hat sich auch schon vorgenommen: Meinen Chef date ich morgen up. Nach welchen Kriterien fällt die Entscheidung zwischen: Ich levele up und Ich uplevele, zwischen ich update und ich date up? Wer bestimmt, wann ein fremdsprachiges Verb trennbar ist und wann nicht? Nur die Steirer haben es zumindest beim Download leichter: Zwischen ich loade down und i lod dauna ist kaum ein Unterschied zu hören, dafür hat man hinterm Semmering bekanntlich keine Raute-Taste auf dem Handy, was das  Leben wieder ein Quentchen schwieriger macht. Ich für mein Teil empfehle einheitliche Behandlung der einschlägigen englischen Begriffe und weise darauf hin, dass das affig aussieht, wenn man die trennt. Nur so als Tipp.

Hoppla, so viel wollte ich eigentlich zu dem Thema nicht von mir geben. Jetzt ist nicht mehr genügend Platz für die Stripperin. Na, dann heben wir uns die für nächsten Freitag auf. Schönes Wochenende!

Freitag, 8. Juli 2016

Dicke Hose

Keine Angst, Freundinnen und Freunde des Tschickstummels, bald geht es weiter mit News zu eurem Lieblingsthema! Die ausgedämpfte Zigarette wird uns sicher wieder beschäftigen. Aus gegebenem Anlass unterbrechen wir aber das Tschickstummelprogramm und befassen uns stattdessen mit dem FIFA Trainer, Fußballtrainer und Welt-Nationaltrainer des Jahres 2014, dem Träger des deutschen Bundesverdienstkreuzes am Bande, Herrn Joachim a.k.a. „Jogi“ a.k.a. „Dirty Hand“ a.k.a. „die Nase“ Löw. Klar ist: Wer so große Eier hat wie Jogi, der muss halt gelegentlich checken, ob im Schritt noch alles fit ist, das geht schon in Ordnung. Das Format der bunztrainerlichen Cojones hat sich beim Finale des Spiels gegen Italien wieder erwiesen. Wer nicht nur Schweini in die Elferhölle schickt, sondern auch den noch sehr frischen Kimmich und sogar den mental sicherlich – obacht, doofes Wortspiel! – ge-hand-icapten Boateng, im Vertrauen darauf, dass das schon gutgehen wird, der müsste eigentlich eine Schubkarre brauchen. Hut ab vor Jogi!
Aber warum, warum nur sagt er immer „von daher“? Im Interview nach dem Schicksalsschießen hat er diese fragwürdige Wendung sicher vier-, fünfmal fallen lassen. Es hätte nur noch gefehlt, dass ihm ein dass ich sage, okay, und ... auskommt, aber dazu vielleicht ein andermal.
Auf den ersten Blick ist klar: „von daher“ ist eine jener Phrasen, die sich selber im Weg stehen. Von deutet den Ausgangspunkt einer Bewegung an. Das tut daher aber selbst schon, ganz ohne fremde Hilfe, wenn auch nicht ganz sauber, finde ich, aber dazu kommen wir gleich. Von daher steht damit unnötig verdoppelt auf der sprachlichen Maschikseiten, ebenso wie nach vorwärts bzw. nach rückwärts, über die schon Kraus gemotschkert hat. Immerhin ist Jogi mit dieser kleinen Schwäche ebenso wenig allein wie mit seiner anderen (hat ja auch Lukas Podolski menschlich wertvoll, wenn auch grammatisch etwas fragwürdig, der Presse schon mit auf den Weg in die Redaktion gegeben: 80 Prozent von euch und auch ich kraule mich schon mal an den Eiern), macht sich von daher doch auch anderwärts breit. Google findet über eine Million Belege, die können nicht alle von Jogi sein.
Natürlich bin ich auch nicht der erste Tüpfleschießar, der sich daran stößt. Interessanterweise unterscheiden aber meine Mit-Korinthenkacker in den Netzweiten zwischen der doofen Version von von daher (die leider auch Jogi eignet) und der angeblich guten alten, die angeblich u.a. von Luther sein soll: Von daher bin ich, habe Big Martin mit Blick auf seine Geburtsstadt geäußert. Mir scheint aber, dass Luther, bei aller Größe seiner Verdienste um das Deutsche, hier entweder knapp danebengehauen hat oder von der sprachlichen Entwicklung überholt worden ist. Denn Von daher bin ich hat das entgegengesetzte Problem zum Löwschen von daher, indem her eine Bewegung zum Sprecher bedeutet, während da sich schon bei ebenjenem befindet, zumindest, wenn es wie hier lokal und nicht kausal (wie deshalb) gemeint ist. In unserem heutigen Gebrauch würde man unproblematischer sagen Von dorther bin ich bzw. sinngemäßer, weil ja her mit der Kopula das Prädikat bildet: Von dort bin ich her, analog zu Von Linz/Mautern/Gramatneusiedl bin ich her, nicht aber Von Linz her bin ich. Im Übrigen wird niemand, der in Luthers Texte hineingeschnuppert hat, bezweifeln, wie er im Falle eines einschlägigen Juckens reagiert hätte. Jogi Löw steht also mit beiden Beinen sowie auch mit allem dazwischen in einer Reihe mit so manchem großen Deutschen. Dass es gegen Frankreich dann doch nicht gereicht hat, beweist weniger gegen Löws Riecher als für die Stärke der deutschen Mannschaft als Mannschaft, die es eben nicht verträgt, wenn ihr allzuviele Teile fehlen.
Nun schweigen wir kurz im Gedenken an den gestern verstorbenen Vater aller Foodies, Wolfram Siebeck. Denn mit vollem Munde spricht man nicht.


Freitag, 1. Juli 2016

Fumer noir

Welcome, Bienvenue und herzlich Willkommen zurück bei BamF, der Heimat aller tschickstummelrelevanten Überlegungen, Betrachtungen und Informationen! Die Frage zum Tage lautet, ob der Umgang mit Tschickstummeln Schlüsse auf größere gesellschaftliche Zusammenhänge zulässt. Raymond Chandler ließ seinen Philip Marlowe einst konstatieren, dass ein bestimmtes Hotel von seinen Gästen in puncto Lebensart so gut wie nichts erwarte, weil nämlich in den Zimmern auf jeder horizontalen Oberfläche ein Aschenbecher zu finden sei.
Ich denke, dass der alte Phil sich da heute schwerer täte. Der bloße Mangel an Tschickstummelrezeptakeln sagt noch gar nichts über die kulturelle Stufe, auf der die Geschäftsführung ihre Klientel anzutreffen hofft. Es sagt bloß, dass sich heute nur noch so harte Hunde beziehungsweise vaterlandslose Gesellen in einem Nichtraucherzimmer zu rauchen trauen, dass Asche auf dem Teppich danach sicher das geringste Problem fürs beflissene Servicepersonal ist. Rock’n’Roll!
Noch in meiner Kindheit war das anders. Sogar in meinem nie und niemals berauchten Elternhaus gab es den einen oder andern Aschenbecher. Dass sie nicht benützt wurden, steht auf einem anderen Blatt. Keine Aschenbecher (echt!) gab es hingegen (und da reden wir von diesem Jahrtausend) auf der Straße. Tschickstummel wurden im öffentlichen Raum weggeworfen und in der Regel ausgetreten. Darüber beschwerte sich niemand, weil es, wie kürzlich schon angedeutet, reichlich Dinge gibt, in die man noch viel weniger hineintreten will. Einen Tschickstummel nahm man gar nicht wahr.
Heute hingegen sind Aschenbecher zwar in den Wohnungen rar geworden (vermute ich zumindest), dafür ist der öffentliche Raum damit überreich versehen. Denn wir haben ein Stadium erreicht, wo uns Tschickstummel auf der Straße stören. Ich erinnere mich dunkel an meinen ersten Besuch in Zürich, vor ungefähr 25 Jahren. Damals schien mir jene Metropole im Vergleich zu Wien geradezu aufdringlich geschleckt, ein Disneyland des gehobenen Kapitalismus, in dem nur Bentley-Schlüsselanhänger in Goldbarrenform den Fingernagel auf der Schultafel gaben. Heute hat sich das alles eingeebnet, und wir entsorgen Tschickstummel auch in Wien in entsprechende Anbauteile der öffentlichen Mistkübel. Wie ich kürzlich munkeln habe hören, steht diesen ein Redesign bevor, weil es nämlich aus ihnen ungebührlich stark herausraucht. Jaja, wenn man mit so etwas einmal anfängt, kann man nicht mehr aufhören, das ist wie Putzen. Da sieht man dann auch nicht, wie sauber es in diesem Zimmer ist, sondern wie schmutzig das benachbarte.
Ach ja, das Chandler-Zitat lautet: [E]verything you could put a drink down on had a plate glass top and there were nineteen ash trays spotted around. A hotel room is a pretty sharp indication of the manners of the guests. The Ritz-Beverly wasn't expecting them to have any. Damit sind wir wieder bei der Frage zum Tage angelangt: Was lässt sich aus der flächendeckenden Ausrüstung der Stadt mit Aschenbechern auf die Mutmaßungen der Verantwortlichen betreffend die Manieren, die uns Stadtbenützern eignen, schließen?
Halten sie uns für hinreichend wohlerzogen, um die dargebotenen Tschickstummelschlucker auch zu nutzen?
Oder sind wir in ihren Augen so hoffnungslose Lumpenhunde, dass man uns alle Naslang einen Aschenbecher hinstrecken muss, damit wir die Stadt nicht anzünden? Haben qualifizierte Mathematiker ausgetüftelt, wo die Grenze der Aschenbecherdichte liegt, unterhalb welcher die Tschickstummel dann eh wieder auf der Straße landen? Vor allem auch: Die öffentlichen Aschenbecher wurden ja an die vorhandenen Mistkübel montiert. Ist der durchschnittliche User bereit, einen zu entsorgenden Tschickstummel ebenso weit zu tragen wie, sagen wir, ein gebrauchtes Taschentuch? Gibt es da Studien? Fragen über Fragen. Klar ist nur: Im Vergleich zum Ritz-Beverly Hotel ermangelt Wien ausreichender Flächen zum Abstellen unserer Drinks.