Kennt ihr das, wenn ihr zuhause etwas sucht und dabei etwas
findet, wovon ihr gar nicht mehr gewusst habt, dass ihr es besitzt? Und dabei
ist es etwas richtig Lässiges, und ihr freut euch vollrohr darüber? So etwas
haben wir hieramts auch: das Feedback
der Woche. Wenn euer ergebener Kolumnator eine Rückmeldung auf seine
Brot-Texte erhält, die wirklich denkwürdig ... also, denkwürdig ist, dann wird
sie hier verewigt. Es wurde sich anlässlich eines geglückten Feedbacks (und ich
verwende „geglückt“ hier sehr weit gespannt, man darf sich dazu etwa die
Schwingen eines Albatros vorstellen und sich fragen, ob es nicht doch die
Schwingen eines Albatrosses sind, „geglückt“ also in dem Sinne, dass auch einem
wirklichen schlimmen Missetäter die Flucht glücken kann), wer jetzt noch weiß,
wo wir im Satz stehen, darf sich ein Herzerl ins Heft malen, also: Anlässlich
eines Feedbacks, in dem eine Formulierung als „umgangssprachlich“
beanstandet wurde, haben wir uns schon einmal der Bedeutung von „umgangssprachlich“ gewidmet. (Damals
gab es eine kleine Checkliste, damit ihr vielleicht ein bisschen leichter
herausfindet, ob ein Wort umgangssprachlich ist. Seid vorsichtig damit – so
etwas geht oft aus, wie wenn man Krankheiten googlet.)
Diesmal liegt die Sache aber komplizierter. Denn der Kunde
hängt anscheinend der Neuen Frankfurter
Schule an. Für alle nach 1975 Geborenen: Über die Neue Frankfurter Schule
muss man fast gar nichts wissen, außer „Habermas“, irgendwas mit 68ern und den
Satz von Adorno: Es gibt kein richtiges
Leben im falschen.
Denn wenn wir uns fragen, was „umgangssprachlich“ fürwahr bedeutet, kann es nur eine Antwort
geben: Umgangssprachlich ist alles, was wir im Umgang miteinander äußern, sei
es im Gespräch, sei es schriftlich oder telepathisch. Mithin ist alles
Sprachliche auch umgangssprachlich, es sei denn man wollte ein Sprechen annehmen,
das nicht nur nicht wahrgenommen wird, sondern auch nichts zum Ziel hat als
nicht wahrgenommen zu werden. Selbst wenn es eine solche Sprache geben sollte,
als einzige Sprache, die nicht auch umgangssprachlich wäre – sie geht uns
nichts an. (Es stellt sich sogar die Frage, ob eine Sprache, die niemand vernehmen
soll, überhaupt eine ist.)
Ebenso wie kein richtiges Leben im falschen möglich ist,
kann es also auch keine Sprache geben, die nicht umgangssprachlich wäre. Oder,
um eine voll 80ermäßige Formel von Paul Watzlawick wieder einmal zu beleben: Man kann nicht nicht kommunizieren.
Schon gar nicht sprachlich. Nur wenn mein hochgeschätzter Kunde im Gefolge
Adornos ebenfalls zu dieser so einleuchtenden Meinung gelangt ist, lässt sich
erklären, wie dieses Feedback zustande gekommen ist: Finden klingt ugs.
Dass damit für die stilistische Bewertung nichts gewonnen
ist, steht auf einem anderen Blatt. Denn nach unserer neugefundenen Regel ist „finden“ nicht mehr oder weniger umgangssprachlich
als ein Gedicht von Hölderlin, der, da bin ich ziemlich sicher, niemals Oida geschrieben hat. Allerdings hatte
er ja dann später auch nicht mehr alle Federn im Schreibzeug, also wer weiß.
Schönes Wochenende!
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