Freitag, 25. Oktober 2019

Laut beim Spaß

Die Sondierungsgespräche sind im Gange, irgendwann wird irgendwas dabei herauskommen. Die spannende Frage ist natürlich, welche Partei sich mit einer Rabiatperle von Jungkanzler zu koalieren getraut, die schon zwei Regierungen gesprengt und es beide Male geschafft hat, den Juniorpartner schlecht aussehen zu lassen. Wäre Sebastian ein Hunterl anstatt einem Bald-wieder-Kanzlerl, dann wäre schon klar, wo man im Spielzeugregal hingreift, wenn man was sucht, womit das Kerlchen sich die Zeit vertreiben kann, bis man wieder heimkommt: Zum Hardcore-Zeug für schwere Kauer, natürlich!
Kürzlich hatte nämlich euer Kolumnatorsparschwein, der Herr Hund, Geburtstag, und es galt ein geeignetes Mitbringsel zu besorgen, andernfalls die Gesichter der Restfamilie sich unerfreulich in die Länge gezogen hätten. Dabei zeigte sich, dass die Hundespielzeugsektion ganz schön upgelevelt hat, wie wir Möchtegerngamer sagen (man kommt einfach zu nix): Früher gab es verknotete Rinderhaut in verschiedenen Größen, ein paar echte Knochen, ein bisschen halblustigen Kunststoff (gerupfte Quietschhühner), das eine oder andere flauschige Ding, aus. Wir leben aber im Zeitalter der Optimierung, zumindest, wenn Optimierung bedeutet, möglichst genau den schwachen Punkt einer Zielgruppe zu identifizieren. Die Kunst ist es nicht mehr, einem Früherhättemangesagteskimoalsoinuit einen Kühlschrank zu verkaufen. Die Kunst besteht vielmehr darin, zu wissen, dass der fragliche Inuit zwar einen Motorschlitten besitzt, aber aus nostalgischen Gründen auch Schlittenhunden Unterschlupf gewährt, die eine Schwäche für Büffelfemur haben.
Deshalb gibt es nicht mehr nur die Zielgruppe „Hund“,  aufgegliedert nach Tonnageklassen des Maulfassungsvermögens, und basta. Es gibt vielmehr die Hardcore-Kauer, die jedes Spielzeug über kurz (nicht lang) zermahlen. Dann gibt es die Gelegeheitskiefler, die man sich charakterlich so vorstellen darf wie jene Zeitgenossen, die zwar regelmäßig rauchen, aber nur unregelmäßig Zigaretten kaufen.
Und dann gibt es noch Hunde, mit ihren Spielzeugen am liebsten kuscheln. Auf den ersten Blick sehr herzig, dann aber erinnert sich die Serienkennerin vielleicht an Wilfred mit einem depressiven Elijah Wood und seinem überaus lebensbejahenden Hund, dargestellt von einem Herrn im Plüschoverall. Letzterer besaß ein Objekt, das man zunächst als Kuscheltier zu bezeichnen geneigt war, bis man vorgeführt bekam, dass Kuscheln nur das Vorspiel zum – nunja, eben zu dem war, was nach dem Vorspiel zu erfolgen pflegt.
Da denkt man sich also schon seinen Teil, wenn man beim Fressnapf vor dem Regal steht. Einen weiteren Teil denkt man sich, wenn man feststellt, dass es die Kuschelobjekte (bleiben wir bei dieser charmanten Fiktion) mit und ohne harten Quietschkern gibt. Nach welchen Gesichtspunkten wählen Herrchen und Frauchen das eine oder andere? Hat hund mehr Spaß mit Geräusch? Falls ja, will man das aber auch hören? Eine schwierige Entscheidung. Sinnend lässt man den Blick weiterschweifen, gestellt vor die Alternativen, dem geliebten Vierbeiner nichts zu missgönnen und also rhythmisches Quietschen in Kauf zu nehmen, oder aber dem Quietscherl zu entsagen auf Kosten maximaler Spiellust. Doch halt! Was ist das? Genau: Es ist ein Kuschelspielzeug mit Ultraschallquietscherl. Volle Dröhnung für das Fellpaket, Ruhe für des Möters (halb Mensch, halb Köter) zweibeinige Hälfte. Ich glaube, dass mit ähnlichen Maßnahmen die Sondierungsgespräche oder der Johnson-Brexit oder das Trumpeltier weit erträglicher würden, wahrscheinlich sogar alle drei. Schönes Wochenende!

Freitag, 18. Oktober 2019

Krank

Man weiß ja, o teure Lesehäschen, was man den Häschen so nachsagt. Daher ist die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, dass das eine oder andere unter euch vor lauter Flauschigkeit mit dem einen oder andern für noch flauschigeren Häschennachwuchs gesorgt hat. Für diese Betroffenen meldet sich euer Ergebener heute mit einer Einsicht zum Thema Häschenbildung. Über diese wird ja viel geschrieben und geredet. Die Gesamtschule sei sehr wichtig, und die Kleinen sollten auch viel mehr Zeit in der Schule verbringen. Das Image des Lehrberufs gelte es zu heben, denn ein guter Lehrer vermöchte mehr für die Qualität der Ausbildung als die Begrenzung der Klassenhäschenhöchstzahl. Dann gibt es noch die Frage, inwieweit wie viele Schüler die Unterrichtssprache beherrschen, und neben alldem soll man sich auch noch um Kopftücher kümmern. Kurz: Die Schule soll so viel leisten und bekommt dafür so wenig Anerkennung.
Deshalb ein Hurra!, ein Tusch, eine gute Nachricht: Es gibt ein Problem, dass man in der Schule (zumindest in der Schule eures Kolumnatorbalgs) aber sowas von im Griff hat. Nämlich das Problem der Eltern in den Klassen. Es ist nämlich, anders ergibt diese Geschichte keinen Sinn, virulent und schlimm, dass so viele Eltern während des Unterrichts in die Klassen drängen. Warum sollten sie das tun, fragt ihr? Ganz einfach: Um Lernmaterialien für ihre kranken Bälger abzuholen, damit diese sich auf die nächste Schularbeit vorbereiten können, man weiß ja nie, schon hast du Pech und bist bis dahin wieder gesund. Und weil man nicht, wie es in der FPÖ heißt, supernackt bei der Schularbeit einlaufen will, lernt man vorher was. Dafür braucht man das Glumpert, das man nicht mit heim genommen hat, weil man ja nicht gewusst hat, dass man am nächsten Tag krank sein würde.
Aber so einfach ist es natürlich nicht. Denn in der dritten Schulstufe hat man als Gümmler 31 Unterrichtsstunden. Wenn während der Saison ordentlich viele Bälger krank sind – sagen wir fünf pro Woche – dann kommt, wenn man so etwas einreißen lässt, durchschnittlich jeden Tag eine Lehrperson zum Handkuss und muss es sich gefallen lassen, dass in ihrer Stunde ein Elternteil vor der Klassentür steht, sich vielmals entschuldigt und dann während des Unterrichts Schulzeug zusammenrafft. Das kann mehrere Minuten dauern. Wenn es, wie im konkreten Fall, eine Lateinstunde trifft, sind das mehrere Prozent der Wochenunterrichtszeit. Sodom und Gomorrah, wo kämen wir da hin! Deshalb gilt zumindest in dieser Schule folgende Regel: Eltern, die zwar engagiert genug sind, um die Mathesachen ihrer Bälger holen zu wollen, aber nicht so engagiert, dass es ihnen gelänge, das innerhalb eines Zeitfensters von fünf oder fünfzehn (große Pause!) Minuten zu erledigen, zum Beispiel, weil sie zuvor mit dem kranken Balg beim Arzt waren und dieser schamlos überzogen hat – diese Eltern also haben strenggenommen dann die nächste Pause abzuwarten. Nur unter zahlreichen Hinweisen auf die Größe und Bedeutung dieser einmaligen Ausnahme werden sie möglicherweise gnadenhalber vom Sekretariat zur Klasse geleitet, die sie dann vielleicht erst nicht betreten dürfen, in welchem Fall man immer noch hoffen kann, dass der Nachwuchs die Kollegenschaft instruiert hat, sodass diese das fragliche Glumpert dem Sekretariatspersonal übergeben können und der Weg doch nicht umsonst war.
Leider sind viele Elternhäschen mit Arbeitsverhältnissen geschlagen, die es nicht geraten scheinen lassen, das Risiko einzugehen, dass man bis zu einer Dreiviertelstunde in der Aula Däumchen drehen muss. Ich empfehle daher, das elterliche Engagement zurückzuschrauben und eine Bälgerkrankheit im Zweifelsfall bis nach der Schularbeit zu dehnen. Irgendwo wird es schon noch ein bisschen ziepen. Schönes Wochenende!

Freitag, 11. Oktober 2019

Zum Einschlafen


Seid ihr müde, o flauschige Lesehäschen? Verständlich wäre es, ist gar manches unter euch doch schon in den sogenannten mittleren Jahren angekommen. Euer ergebener Kolumnator kennt ein paar Menschen, die das auch von sich sagen müssen. Sie alle eint, dass sie sich ihre mittleren Jahre anders vorgestellt haben, nämlich weniger anstrengend. Deshalb ist es kein Wunder, wenn die langbewimperten Augenlider schwer und schwerer werden! Irgendwann schlaft ihr dann ein.
Was aber ist dann geschehen? Habt ihr dann eingeschlafen? Oder seid ihr eingeschlafen? Diese Fragen wurde an euren Ergebenen allerkürzlichst herangetragen, weshalb ich – Service! Service! Service! – nicht anstehen will, Brauchbares darauf zu erwidern.
Alsdann: Standardsprachlich ist die Antwort eindeutig, und einschlafen bildet Perfekt und Plusquamperfekt mit dem Hilfsverb sein, also bist du eingeschlafen.
In Österreich gilt das aber nicht uneingeschränkt, hier hat man oft eingeschlafen, zumal in jenen Regionen, in denen man schon das ganze Monat nicht einschlafen konnnte anstatt den ganzen Monat. Schließlich hat man auch geschlafen – niemand käme auf die Idee, geschlafen zu sein, warum sollte man also nicht auch eingeschlafen haben?
Antwort: Weil das eine einen Vorgang beschreibt, das andere einen Zustand beziehungsweise das Eintreten eines solchen. Die Regel ist, wie so viele interessante Dinge im Leben, nicht immer zuverlässig, also dreht eurem Kolumnator keinen Strick daraus.
Doch tatsächlich bildet man das Perfekt häufiger mit sein, wenn ein Zustand oder der Übergang zwischen zwei Zuständen zu beschreiben ist: Jemand oder etwas ist aufgewacht, gewachsen, verendet, gestürzt. Danach ist ein neuer Zustand erreicht: Man ist wach, größer, tot oder liegt herum. Sein ist auch für allerlei Wörter zuständig, die mit Bewegung zu tun haben, also dem Übergang von hier nach dort: Ich bin gegangen, geeilt, gefahren, geschlichen und so weiter. Danach bin ich woanders als vorher.
Haben kommt hingegen zum Zug, wenn es um einen Vorgang, eine Tätigkeit geht: Du hast gemalt, gegrübelt, geschlafen, tachiniert, kolumniert oder prokrastiniert. Im Mittelpunkt steht das, was du getan hast. Das führt zu feinen Unterscheidungen wie jener, ob man die Promenade entlanggetänzelt ist, wie unsereiner das gern zwischendurch zu tun pflegt, oder ob man Walzer getanzt hat, nämlich in dem Tanzcafé am Ende der Promenade. Im ersteren Fall geht es um die Ortsveränderung, die Entlang-Bewegung, im letzteren um die Tätigkeit, einen Tanzschritt ordentlich nach dem andern zu machen.
Unscharf – oder umso schärfer – wird die Sache an spezifisch österreichischen Formulierungen. Denn hierzulande ist man, anders als in Deutschland, gesessen, gestanden oder gelegen. Das ist auch recht und billig, denn wenn man herumsteht, tut man ja weiter nichts, während man anscheinend im nördlichen Nachbarland der Ansicht ist, dass Sitzen schon eine Tätigkeit sei. Soviel zum deutschen Fleiß, jaja, so kann man sich täuschen.
Schönes Wochenende!

Freitag, 4. Oktober 2019

Schleimig

Wir haben uns, o vielgeliebte Lesehäschen, ja schon des Öfteren damit befasst, ob etwas „umgangssprachlich“ sei. Doch gibt es immer noch etwas Neues zu lernen, und ich will nicht anstehen, euch eure ohnehin zartrosa strahlenden Schnäuzelchen noch ein bisschen mehr zu polieren, auf dass ihr damit essen könnet, wie auch der Schnabel gewachsen ist. Je nun.
Wir fangen mit einer Rätselfrage an. Wie lautete der folgende Satz, ehe er optimiert, bereinigt und überhaupt salonfähig hergerichtet wurde?
Die ideale Ergänzung zu Ihrem knusprigen Schnitzel ist ein weißer Spritzer.
Auf den ersten Blick könnte man glauben, das hänge von der politischen Ausrichtung ab ab. Die FPÖ-Kernzielgruppe konsumiert vielleicht zum Schnitzel lieber drei Bier, der Grüne statt dem Schnitzel einen Grünkernbratling, aber dafür zwei Spritzer, und so weiter. Aber da habt ihr leider nicht aufgepasst: Der Satz, so wie er dasteht, ist schon der Gute. Wir suchen die mangelhafte Urversion. Wartet nur, gleich wird es euch wie Schuppen von den Augen fallen!
Nämlich hieß der Satz, ehe er kunden- (und ja, auch: kundiger-!) -seits optimiert wurde:
Die ideale Ergänzung zum knusprigen Schnitzel ist ein weißer Spritzer.
Diese Fassung ist aber, so ward euer Ergebener beschieden, „zu umgangssprachlich“. Man muss für solche Erhellungen dankbar sein. Nur zu oft werden ja Texte aus unerfindlichen Gründen geändert. Wie erfrischend ist es doch, wenn der unerfindliche Grund so klar benannt wird! Gleich tun sich neue Möglichkeiten sprachlicher Nuancierung auf. So ist nun klar, dass man von einem Bierzelteinpeitscher vor der Wahlrede des Kandidaten zum Lachen gebracht wird, sodass einem vor lauter Schenkelklopfen der Humpen aus der Hand rutscht und man dann mit einem verdächtigen Fleck im Schritt herumhocken muss.
Der feinsinnige Doyen des Kabarettismus hingegen bringt einen natürlich nicht so ordinär zum Lachen, sondern mit gehobenem Humor zu Ihrem Lachen oder wahrscheinlich zu Ihrem Schmunzeln. Auch passt zum Wurstsemmerl ein Cola, während wir Ihnen zu Ihrem Gruß aus der Küche gern ein Proseccerl kredenzen.
Gerne bestätige ich auch, was sich hoffentlich das eine oder andere Lesehäschen schon gefragt hat: Ja, diese Perle ist auf derselben Austernbank gediehen, von der wir schon gelernt haben,
dass das Wort „vorbereitet“ langweilig ist,
dass das Wort „Geschäftskollegen“ existiert
und dass man „einen Bonus einlösen“ kann.
Noch lieber bestätige ich, dass ich den Vergleich mit der Austernbank nicht zufällig gewählt habe. Denn euer Zweckdichter weilte einst im Orient, genauer gesagt, in Taiwan. Dort ließ es sich ein befreundeter Einheimischer nicht nehmen, ihm eine örtliche Spezialität zwecks Verkostung vorzusetzen, nämlich das unter Kennern gefürchtete Austernomelett. Gefürchtet ist es nicht etwa geschmackshalber (da kann man nicht meckern), sondern ob seiner Konsistenz, weil man nämlich beim Essen nie weiß, ob das Schleimige jetzt Auster oder Ei ist. So kann es einem auch mit Feedback wie dem eben Besprochenen gehen, indem man sich fragt, ob eher eine kognitive oder eher eine charakterliche Schwachstelle dafür verantwortlich war. Schönes Wochenende!