Freitag, 29. März 2024

1, 2, X

Emojis sind eine sehr schöne Sache, weil man sich allerlei mühsame Buchstaben damit erspart, aber wem sage ich das. Hin und wieder erfindet jemand den Trend, dass Emojis total 2021 sind (oder was halt gerade schon vorbei ist), aber alsbald zeigt sich, dass das Blödsinn ist. Kein Wunder, dass es inzwischen einige tausend gibt und noch weniger Wunder, dass es sie genderkorrekt gibt, zumindest viele davon. Es gibt in der Unicode-Diktion jeweils man, woman und person, zum Beispiel als Polizeiorgan oder detektivisch tätiges Wesen. Es gibt Leute mit Gardistenmütze, mit Brautschleier, im Superheldenkostüm und so weiter.

So richtig interessant wird es bei den Fällen, die überkommene Stereotypen in Frage stellen. Es gibt natürlich eine schwangere Frau, eine schwangere „Person“ und, klar, einen schwangeren Mann. Nach der Geburt ist es leider vorbei mit der Gleichberechtigung, denn da gibt es zwar eine Frau, die einem Baby das Fläschchen gibt, ebenso wie einen Mann und eine „Person“. Doch stillen dürfen in der Welt der Emojis nur Frauen. Kann mir das bitte jemand erklären? Vorzugsweise nicht jene Betreiberin einer einschlägigen Website, von der der Zweckdichter erfahren hat, dass auch Transfrauen (also gewesene biologische Männer) Regelbeschwerden haben können, was beim Zweckdichterbalg Empörung provoziert hat, weil die Männer den Frauen jetzt nicht einmal mehr die Regelbeschwerden lassen.

Wo waren wir? Genau. Auf der Seite "Queer Lexikon" erfährt man nicht nur den Unterschied zwischen Pan- und Omnisexualität (fun fact: man weiß es nicht genau), man wird auch alsbald belehrt, dass „biologische Männlichkeit“ nur eine „Zuschreibung“ sei, und zwar eine sehr unklare, weil ja zum Beispiel die Frage offen bleibe, ob jemand, der infolge einer Krebserkrankung keine Hoden mehr hat, noch ein biologischer Mann sei.

Nein, liebe Xenia. Das ist nicht unklar. Es gibt zwei biologische Geschlechter, und eins davon ist männlich. Dass manche Leute davon so schwer zu überzeugen sind, dass Leute, die von Berufs wegen darüber Bescheid wissen, darob ihren Lehrberuf aufgeben wie Frau Hooven in Harvard, tut dem keinen Abbruch. Und dass diese beiden biologischen Geschlechter nicht die ganze Realität des sexuellen Spektrums abbilden, macht die Dinge dazwischen nicht ebenfalls zu Geschlechtern. Orange entsteht aus der Mischung von Rot und Gelb, aber Orange ist deswegen noch keine Primärfarbe. Zwischen Meer und Land ist die Uferzone, aber wenn du absäufst, merkst du einen sehr deutlichen Unterschied zwischen einer Wiese und vielen Metern Salzwasser.

Der bedauerliche Verlust der Keimdrüsen tut dem keinen Abbruch. Wenn mir jemand die rechte Hand amputiert, bin ich danach immer noch Rechtshänder.

Was die Emojis betrifft, so sollte man da sowieso lieber nicht zu genau hinschauen. Denn der einzige Unterschied ist in den allermeisten Fällen die Frisur, wobei natürlich die Männer kurze Haare haben, die Frauen lange, und die „Personen“ einen rausgewachsenen Kurzhaarschnitt. Wenn man darüber nachdenkt, stellt man sich sehr bald die Frage, ob dieser sexistische Frisurenscheiß den Genderaufwand eigentlich wert ist und ob auch bei Emojis weniger nicht vielleicht mehr wäre. Schönes Wochenende!


 

Freitag, 22. März 2024

Untertänig

 

Wir haben es hieramts ja schon hin und wieder gesagt, o devote Lesehäschen: So richtig Staatsbürger ist man erst, wenn man hin und wieder spürt, wer hier die Obrigkeit und wer die Untrigkeit ist. Früher genügte dafür das Bedürfnis nach einem neuen Pass, schon wurde man mit etwas Glück stundenlang von gelangweilten Pragmatisierten (Internet gab es damals ja noch nicht) getögelt.

Heute ist der Amtsschimmel nicht mehr ganz so leicht zu finden, aber ich kann euch beruhigen: Er lebt noch. Wer sich davon überzeugen will, hat am besten noch keinen Führerschein. Um nämlich zur Fahrprüfung antreten zu dürfen, muss man ein ärztliches Gesundheitszeugnis vorlegen, das einem jeder praktische Arzt ausstellt. Man gibt es bei der Fahrschule ab und basta.

Natürlich gilt das nur, wenn bei der Untersuchung nichts Bedenkliches herauskommt, wie zum Beispiel, dass dein Hör- oder Sehvermögen kaum vorhanden ist, dass du gewohnheitsmäßig lustige Drogen einwirfst (hier ist wieder einmal Zeit, an den schönen Reim zu erinnern: LSD und andere Drogen / wirken stark halluzinogen.) oder aber: dass du in letzter Zeit beim Neurologen warst und dort etwas verschrieben bekommen hast. In diesem Fall schickt dich der Arzt heim und leitet die Chose an die Behörde weiter. Von jener erhältst du nach ungefähr einem Monat (wer braucht heutzutage schon einen Führerschein) eine Ladung zum Amtsarzt. Dort trittst du ein, grüßt schön und legst deinen Patientenbrief vom Neurologen vor.

Die Amtsärztin erklärt dir, dass das ein schöner Patientenbrief sei, aber leider nicht ausreichend. Der Neurologe muss ausdrücklich bestätigen, dass nichts gegen das Lenken eines Kraftfahrzeugs spricht. Besorge dir das schriftlich, bring es vorbei und basta.

Gesagt, getan. Der Arzt schreibt dir den Zettel gerne, du gehst wieder zum Verkehrsamt und gibst den Zettel ab. Heute ist allerdings nicht die Amtsärztin von gestern da, sondern ein anderer. Er wirkt so, als finde er den Weg zur Hausapotheke auch im Dunkeln ohne Tasten und als würde es ihm guttun, dort bald einmal eine Leckerei zu holen. Kurz: Er scheint qualifiziert. Dieser erklärt dir, dass auf dem Zettel viel mehr stehen müsse, dass so ein Befund „oft mehrere Seiten“ lang sei (wow! Was es alles gibt!) und dass du ja eine Zuweisung mit einschlägigen Details mitbekommen habest.

Du verneinst dies, worauf er erwidert: „Ich gebe Ihnen eine Zuweisung mit.“ Du fragst dich, warum man sich eigentlich ein Medizinstudium antut, wenn man dann in einem hässlichen Kämmerlein im Verkehrsamt endet. Dann fällt dir aber ein, was der Neurologe über Amtsärzte gesagt hat, und du kennst die Antwort. Du wendest dich erneut an deinen Arzt, der dir alsbald einen Befund schreibt, der sich gewaschen hat.

Was dann geschieht? Die Zukunft wird es weisen.

Schönes Wochenende!

Freitag, 15. März 2024

In aller Kürze

 

Es ist, o effizienzversessene Leseh., höchste Zeit, dass wir über Abk. sprechen. Bekannt ist ja das militärische Abk.-Wesen, das einerseits eindeutig sein muss und deshalb andererseits nicht immer der Mühe wert scheint. Ob mit einem „BrigKdo“ gegenüber einem Brigadekommando viel gewonnen ist, müssen gewieftere Strategen beurteilen als euer Ergebener. Doch immerhin kommen alle Buchstaben des Wortes in der Abkürzung vor, und das sogar noch in derselben Reihenfolge.

Das ist deshalb erwähnenswert, weil der Zweckdichter kürzlich von der Existenz einer Hunderasse namens „Elo“ erfuhr. (Für die jüngeren Lesehäschen: „erfahren“ ist wie „lernen“, nur ohne Anglizismus.)

Der Wikipedia-Eintrag zeigt uns sympathisch wuschlige Viecher und liefert die überraschende Information, dass der Name „Elo“ markenrechtlich geschützt ist. Außerdem lernen wir hier, dass wir über diesen Namen froh sein müssen, denn, so die beliebte Online-Enzyklopädie:

Das Elo-Zuchtprojekt begann 1987 unter dem Namen „Eloschaboro“, der auf die drei wichtigsten Ausgangsrassen – Eurasier, Bobtail und Chow-Chow – hinweisen soll.

Hä? Beziehungsweise, wie man in den besseren Ständen sagt: Wie bitte?

Wie um Himmels willen kommt man von „Eurasier Bobtail Chow-Chow“ auf „Eloschaboro“? Was haben die damals genommen? Und ist noch was davon übrig? Freilich war LSD 1987 noch dicker da als heute, wo es nur noch für hippe Microdosierer interessant zu sein scheint. Wenn jemand den Hippies erklärt hätte, dass ihr Lieblingsspaßpulver einmal vorrangig dazu dienen würde, die Geschäftstüchtigkeit von Startupfuzzys zu optimieren, hätte sich ihnen wahrscheinlich zumindest ein erstauntes „duuuuude?“ entrungen.

Soviel zu Abkürzungen, jetzt zur Langform. Trostlose Neuigkeiten gibt es von der Gendertheorie: Judith Butler wertet den Terror vom 7. Oktober als Akt des bewaffneten Widerstands und ist nicht so ganz sicher, ob die Hamas wirklich Jüdinnen vergewaltigt hat. Euer Ergebener sagt es nicht zum ersten Mal: Der Feminismus tut gut daran, von der Gendertheorie einen Sicherheitsabstand zu halten, für den ein Babyelefant nur der Anfang sein kann.

Weiters und apropos  Babyelefant freuen wir uns über ein Jubiläum, das eine Frage aufwirft, nämlich: Haben wir uns vier Jahre nach dem ersten Lockdown tatsächlich von der Pandemie verabschiedet, oder war am Mittwoch der 1474. März 2020?

Freuen wir uns auf ein Wochenende mit Freigang.

 

 



Freitag, 8. März 2024

Wie man ankommt

 

Wir müssen, o reisefreudige Lesehäschen, über die ÖBB reden. Das ist immer noch besser als über die Deutsche Bahn zu reden, die kürzlich dafür gesorgt hat, dass die bessere Zweckdichterhälfte zuerst auf dem Weg nach Augsburg in Salzburg hängen blieb, weil die DB pünktlich war, und dann auf dem von Augsburg in Salzburg hängen blieb, weil die DB Verspätung hatte. 

Nein, heute geht es um die Durchsagen. Wir hatten gerade erst die Seltsamkeit, dass ein Typ „dich ghosted“ (jetzt oder früher?). Die ÖBB ghostet einen auch manchmal, und zwar in den letzten Monaten mit beunruhigender Häufigkeit schon am Startbahnhof oder kurz danach. Wie man hört, liegt das daran, dass die ÖBB ihrerseits von Siemens oder irgendwem geghostet wird, wenn die ÖBB anklopfen und sagen, dass sie dann gern mal das bestellte Wagenmaterial hätten. Wie auch immer: Ums Ghosten geht es heute nicht, sondern ums Ankommen, wenn es denn endlich der Fall ist. Darüber wird man auf Englisch informiert: „We will shortly arrive Wels“ (zum Beispiel).

Und ich frage: Warum zum Geier? Man arrivet vielleicht home. Aber man arrivet IN Wels. Oder von mir aus auch AT Wels. Aber man arrivet nicht einfach Wels. Man wohnt ja schließlich auch home, aber man wohnt nicht Wien, sondern in Wien. Sollte echt nicht so schwer sein.

Wenn die ÖBB das hinkriegen, muss nur noch das mit dem WLAN ein bisschen besser funktionieren, und es ist alles gucci. Man darf die Hoffnung nicht aufgeben, das sieht man an Jasper Fforde, der nach zwölf Jahren nun doch noch die Fortsetzung des sehr lustigen Shades of Grey (nein, das andere) geliefert hat.

Möglicherweise ist es aber von langer Hand geplant, dass wir „Wels arriven“ und nicht in Wels, weil ja alle jünger werden müssen. Also nicht die Leute (wie sollte das auch gehen), sondern die Unternehmen, wobei „jünger werden“ nur bedeutet, dass man jüngere Kunden gewinnen will, weil die länger solche bleiben, ehe sie das Zeitliche segnen und damit aus dem Kundenkreis, nun ja, hinauswachsen.

Vielleicht arriven wir also deshalb Wels, weil „die Jugend“ ja auch „Billa geht“ und nicht „zum Billa“.

Wahrscheinlich ist aber die Wahrheit, wie so oft, deutlich langweiliger, und es hat sich nur irgendwer akustisch aufs Glatteis führen lassen. Auf Deutsch kommen nämlich Züge der ÖBB nirgends an. Sie „erreichen“ Wels, was zugegebenermaßen vage an „arriven“ erinnert. Damit haben wir endlich den Salat und auch den Beweis, dass Stermann und Grissemann mit ihrer Behauptung, Englisch sei Deutsch, vollrohr richtig lagen. Schönes Wochenende!

Freitag, 1. März 2024

Fremd

 

Die gute Nachricht, o positiv gestimmte Lesehäschen, ist: Der Winter ist doch nicht komplett an eurem Ergebenen vorbeigerauscht. Das letzte Wochenende bot zwei einwandfreie, ja sogar glorreiche Pistentage, einzig gewürzt mit dem Wermutstropfen, dass ich zu feig war, das gute Brett auszupacken. 

Äußerst fragwürdig ist hingegen dieser Satz aus einem Interview im jüngsten Falter

„Auch ich bin es leid, wenn mich ein Typ sitzen lässt oder ghosted.“ Abgesehen von der Frage, ob man das wirklich „leid ist“ anstatt dass es einem auf die Nerven geht, einen verletzt oder beleidigt, weil man ja schließlich (hoffentlich) nur einmal sitzengelassen wird (ja, das kann man ruhig zusammenschreiben), während man Ärgernisse erst nach wiederholtem Vorkommen leid zu werden pflegt, müssen wir anscheinen klären, wie man Fremdwörter konjugiert.

Antwort:

Man konjugiert sie so, wie es im Deutschen vorgesehen ist. Sonst wären es ja keine Fremdwörter, man könnte stattdessen gleich ausländisch sprechen. Wenn dich also die Polizei im Visier hat, weil du ein verdächtiger Schlingel bist, dann observiert dich der aktuell zuständige Beamte. Er „observat“ dich nicht, auch wenn das im Lateinischen so heißt. Wenn du dich für etwas einsetzt, dann engagierst du dich, obgleich du dich im Französischen „engages“ (oder meinetwegen „investis“) würdest. 

Und wenn dein Ex so tut, als gäbe es dich nicht, dann „ghosted“ er dich nicht, er ghostet dich selbstverständlich. Selbst in Ostösterreich wollen wir diesen kleinen, feinen Unterschied zwischen harten und weichen Plosiven nicht sterben lassen, denn wenn wir ihn vergessen, ist auch der klassische Witz dahin, ob man eh wisse, was beim Glauben am höchsten sei. Und das wäre ja sehr schade.

Freilich liegt der Fall noch ein Alzerl komplizierter, weil die Gute ja eigentlich sagen hätte müssen „wenn mich ein Typ sitzen lässt oder ghosts“, da „ghosted“ weder auf Deutsch noch auf Englisch hinpasst.

Abschließend eine Information im öffentlichen Interesse: Sogenannte „Puppy Pads“ sind ein Blödsinn. Für Uneingeweihte: Ein Puppy Pad ist eine Pinkelmatte für Welpen, deren Haltern es nicht zuzumuten ist, dass sie mit dem Kleinen ständig rausgehen, auf dass er stubenrein werde. Stattdessen bringt man ihnen bei, auf die Matte zu urinieren, die man dann irgendwann hinauslegt, wonach der Hund ohne Schwierigkeiten lernt, dass er sich nun draußen zu entleeren habe.

Wenn man hingegen Glück hat, lernt der Hund stattdessen, sich auf weichen Unterlagen zu entleeren. Er ist dann auf Parkett und Fliesen stubenrein. Im Bedarfsfall hüpft er aber aufs Bett, und was dann kommt, kann man sich ausmalen. Dies allerdings tatsächlich ohne Schwierigkeiten.

Schönes, trockenes Wochenende!