Freitag, 30. Juli 2021

So wie

 

Reden wir über Vergleiche, o teure Lesehäschen. Manche Leute haben Vergleiche ja perfekt drauf, zum Beispiel die hochgeschätzte Christl (wer sie kennt), die im Vergleicheausdenken so super ist wie jemand, der echt super im Vergleicheausdenken ist. Andere Leute sind nicht ganz so super, woher die Weisheit rührt, dass nicht alles, was hinkt, schon ein Vergleich ist. Der Erlöserkanzler zum Beispiel hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft mit der katholischen Kirche verglichen: Lange Zeit, so Sebastian, war es ja auch nicht statthaft, Missbrauchsvorwürfe zu thematisieren. Das liegt gottseidank hinter uns, nun sei es höchste Zeit, auch die WKStA von ihrem Podest herunterzuheben. Jaja, wie wahr. Die reiferen Häschen können sich noch erinnern, wie das früher war: Nicht einmal hinter vorgehaltener Hand wurde am Stammtisch auch nur unter „vielleicht“ oder „man könnte doch“ über die WKStA ein im Entferntesten weniger als ehrerbietiges Wort verloren. Von Nenzing bis Gramatneusiedl galt sie auch dem Ignorantesten noch als Inbegriff des Unangreifbaren, geradezu sprichwörtlich war ihre Integrität.

Alter Schwede. Wenn man unter „Strohmann-Argument“ nachschlägt, sollte dort ein Foto des Kanzlers zu sehen sein. Als Nächstes wird uns wahrscheinlich Andreas Khol als Inbegriff des Christdemokraten untergejubelt – jener Khol, der vor nicht so vielen Jahren vorgeschickt wurde, um uns wortreich zu erklären, warum es im Sinne der christlichen Nächstenliebe geradezu angezeigt ist, Flüchtlinge ersaufen zu lassen. Aber warte, wird er eh. Braucht man nur auf zur-sache.at zu schauen.

Und sonst? Sonst hat Frau Baerbock einen Shitstorm an der Backe, weil sie „das N-Wort“ zitiert hat, und zwar eindeutig ablehnend. Der Shitstorm rührt daher, dass man das N-Wort keinesfalls aussprechen darf. Es steht im Giftschrank. Damit ist freilich die Unterscheidung zwischen Sprache und Metasprache eingeebnet. Man darf zwar theoretisch über sprachliche Diskriminierung sprechen, aber nicht mehr benennen, worin sie besteht. Einstweilen gibt es nur ein N-Wort. Sollte zum Beispiel die Nutte auch eines werden, weil ebenfalls ein Wort, das nie nett gemeint ist und auf eine deutlich umrissene Personengruppe zielt, dann können wir uns ja mit Indizes behelfen – N1-Wort, N2-Wort und so fort. Es wird bestimmt ein interessantes linguistisches Treiben, das sich gern mit solchen Fragen befassen würde, sich aber der Schwierigkeit gegenübersieht, seine Forschungsobjekte nur andeuten zu dürfen wie die Zauberer den Namen jenes, der nicht genannt werden darf.

Vielleicht ist euer Ergebener ein unsensibler alter weißer Eierbär. Vielleicht wäre es aber weiterhin wichtig, die Metaebene existieren zu lassen. Es ist jene Ebene, auf der man Mein Kampf nicht nur böse und gefährlich finden, sondern auch analysieren kann, woher diese Eigenschaften rühren. Jene, für die ein zitiertes N-Wort immer eine Beleidigung bedeutet, haben wahrscheinlich gehört, dass Mein Kampf böse und gefährlich sei. Aber dürfen sie auch herausfinden wollen, woran das liegt? Ist die Lektüre von Mein Kampf nicht immer schon Wiederbetätigung, wenn das Zitat des N-Worts immer schon eine rassistische Beleidigung ist? Im Übrigen ist eurem Ergebenen keinesfalls daran gelegen, Leute zu beleidigen, die das weißgott nicht verdienen. Aber die Trennschärfe zwischen Nennung und Affirmation aufgeben? Wie hieramts schon geschrieben: Dass Darstellung automatisch Zustimmung bedeute, diese Anschauung war der katholischen Filmkommission in den 70er Jahren geläufig. Ein Diskurs auf dieser Basis verdient aber seinen Namen so wenig wie die WKStA den Vergleich mit pädophilen Priestern.

Schönes Wochenende!


Freitag, 23. Juli 2021

Sprechmuskeln


Habt ihr das mit dieser „Pandemie“ schon mitbekommen, o vielgeliebte Lesehäschen? Ja echt, das gibt es, und das läuft jetzt schon eineinviertel Jahre!

Spaß beiseite, euer Ergebener hat dazu eine Frage.

Nämlich gibt es Oberösterreich, und es hat eine eigene Ärztekammer, denn nichts leisten wir uns so gern wie den Föderalismus. Die Ärztekammer hat einen Präsidenten, den Herrn Niedermoser. Der hat Anfang Juni erklärt, dass die sogenannte 3G-Regel, derzufolge man geimpft, getestet oder gewesen sein muss, um dies und das und noch etwas zu dürfen, eigentlich nicht so richtig super ist. Weil die Geimpften und Genesenen (falls die Impfung respektive Genesung noch halbwegs in Rückblickweite ist) ja schon so ziemlich richtig geschützt sind. Während, um jeden Hiasl zu zitieren, der in den letzten zwölf Monaten einem Mikrofon zu nahe gekommen ist, „der Test nur eine Momentaufnahme“ darstellt.

Deshalb hat der Herr Niedermoser erklärt, es sollten sich möglichst viele impfen lassen, auf dass es bald nur noch Geimpfte und Genesene gebe und man sich die 3G-Krücke für die lediglich Getesteten erspare.

Der Gesundheitsminister sagt nun aber, dass Getestete und Geimpfte in Discothequen abhotten dürfen sollen, Genesene aber nicht.

Weiß jemand, warum? Ist eine Momentaufnahme nun immer noch besser als T-Zellen? Findet der Gesundheitsminister einfach Zeltfeste lässiger als schummrige Spelunken?

Fragen über Fragen.

Klar ist hingegen, dass die bedauernswerten Organisatoren der Spiele in Tokio etwas richtig machen. Kennt ihr schon die überaus liebevollen Animationen, die einem Sportart für Sportart zeigen, auf welche Muskelgruppen und Bewegungsabläufe es jeweils ankommt? Wer hinschaut, kann nicht mehr wegschauen und beschließt sofort, absolut jeden Bewerb so live mitzuverfolgen, wie es nur irgend möglich ist. Wenn man erst begriffen hat, worauf es ankommt, wird sogar Gewichtheben oder Volleyball zum Thriller, selbst für Menschen, die mit Volleyball bis auf schmerzhafte Mittelfingerverstauchungen absolut nichts verbanden.

Wer sich davon nicht locken lässt, kann natürlich auch wieder einmal schauen, was zur-sache.at so schreibt. Auch schön, denn dort findet man zum Beispiel ein Zitat von Andreas „Die Peitsche“ Hanger, worin er viel Mitleid mit Herrn Blümel hat, weil „sich die Hausdurchsuchung als umsonst herausgestellt hat“. Das ist erstens wunderbar, zweitens deshalb, weil hier gar nichts anderes stehen kann als „umsonst“. Die Hausdurchsuchung konnte sich ja nicht als unbegründet herausstellen (da ein Verdacht bestand), noch als zwecklos (weil sie immerhin den Finanzminister entlastet hat), noch als ergebnislos – denn herausstellen kann sich nur eine Eigenschaft, die etwas entweder immer schon besessen hat, so wie sich herausstellt, dass Lord Vader Lukes Vater ist, oder eine Eigenschaft, die man irrtümlich nicht vorhanden glaubte. So ergeht es gar manchem hupfdohlenaffinen Genesenen, dessen durchgemachte Infektion sich nun als umsonst herausstellt, wenn der Türsteher ihm rät, stattdessen ein Zeltfest zu besuchen. Die Hausdurchsuchung hingegen war ergebnisoffen, sodass sich die Ergebnislosigkeit später erweisen, aber nicht herausstellen konnte. Mithin ist dem Herrn Hanger ein Satz geglückt, der so krumm ist, dass er schon wieder gerade ist, was wahrscheinlich das Beste ist, was sich für einen hangerschen Satz hoffen lässt. Denn welche Muskelgruppen jener beim Sprechen belastet, wollen wir nun doch nicht so genau wissen.

Schönes Wochenende!

Freitag, 16. Juli 2021

Abgetreten

 

Die Treuesten unter euch, o nibelungengleiche Lesehäschen, mögen sich noch daran erinnern, wie hieramts einst das Lob des Radfahrens gesungen wurde.  Leider muss euer Ergebener dies nun revidieren. Die pedalbekräftigte Fortbewegung ist stark überschätzt, da können Irregeleitete vom Hollandradhippie über den Rennradpfeil bis zum Fixiehipster ohne Bremsen (mögeihnderblitzniederstrecken) sagen, was sie wollen. Wenn du nämlich eines Morgens vors Haus trittst, um nur rasch zum Post Partner zu radeln, woselbst ein Paket deiner harrt, und ein paar Kleinigkeiten fürs Abendessen fehlen auch, dann stellst du als erstes fest, dass im Hinterrad zu wenig Luft ist. Das Vorderrad hat nicht so wenig Luft wie das hintere, sondern noch weniger. Du begibst dich also in dynamischen Hechtsprüngen in den Keller, um die Luftpumpe zu holen. Dann pumpst du beide Reifen auf. Heißa, nun kann es losgehen! Schon hast du dem treuen alten Renner die kleine Luftmucke verziehen, er trägt dich wie auf den Schwingen des Windes über die nahe Brücke, um dort spontan die Kette abzuwerfen.

Du bremst, steigst ab und stellst fest, dass die Kette vorn und hinten herausgesprungen ist, also zugleich vom Kettenblatt und vom Ritzel. Dies hat den Zweck, dass du dich beim Wiederanbringen nicht etwa halb eindreckst, sondern gleich ganz, denn Radfahrer sind ordentliche Menschen und machen keine halben Sachen. Notdürftig reinigst du dich anschließend mit deinem letzten Papiertaschentuch. An dieser Stelle ist die Frage angebracht, ob es planerisch begabte Menschen gibt, die tatsächlich daran denken, in gleicher Lage zuerst das Taschentuch hervorzukramen und dann erst an der teils rostigen, teils fettigen, jedenfalls aber verdreckten Kette zu hantieren, oder ob alle so sind wie euer Kolumnator, der sich zuerst die Finger gründlich paniert und danach vor dem Problem steht, das Taschentuch aus dem Hosensack zu kriegen, ohne auch noch die Hose zu versauen. Von jenen, die womöglich ein Paar Montagehandschuhe am Fahrrad mitführen, sei geschwiegen.

Nun kann es aber wirklich weitergehen, wobei du daran denken musst, nach der Luftmucke die Kettenmucke zu verzeihen. Wo du schon dabei bist, verzeihst du auch gleich, dass es mit den Schwingen des Windes nicht so weit her ist wie zuvor, weil irgendein Teil rhythmisch am Reifen schleift, aber wurscht, das können wir uns am Wochenende anschauen, wir sind ja gleich da.

Zuvor aber ertönt ein vernehmlicher Knall, und du hast einen platten Hinterreifen. I shit you not, wie der Amerikaner sagt. Eurem Ergebenen waren ja bisher die schleichenden Platten geläufig, bei denen man sich irgendwann fragt, ob das Fahrgefühl immer schon so schwammig war, ehe man draufkommt, was los ist. Dass es aber den Schlauch wirklich mit einem Knall zerreißt, ist neu. Du gehst also den Rest des Weges zu Fuß. Das hat den Vorteil, dass du zum Gabelfrühstück der örtlichen Bauarbeiter zurechtkommst und also an der Feinkost warten musst, bis die Feinkostfachkraft elf verschiedene Wurstsemmeln gebaut hat und dann noch drei Käsesemmeln, und zwei ledige braucht er auch noch. Dann darfst du endlich dreißig Deka Dürre am Stück fürs Erdäpfelgulasch erwerben und begibst dich auf den Heimweg. Auf halber Strecke liest du dein Rad auf und schiebst es.

Deshalb, o meine Teuren, wäre die Sache mit dem Radfahren einmal gründlich zu hinterfragen. Schönes Wochenende!

Freitag, 9. Juli 2021

Spendengüte

 

Es gab einmal eine Zeit, o hilfsbereite Lesehäschen, da waren mund- und fußgemalte Grußkarten im Spendengeschäft häufig anzutreffen. Besonders die fußgemalten Kunstwerke machten Eindruck, zumal Daniel Day-Lewis Ende der 1980er sich als Fußmalerdarsteller einen Oscar abholen durfte. Warum die Fußmalerei solchen Eindruck machte, ist klar: Weil wir Grobmotoriker das nicht einmal mit den Händen zusammenbrächten.

Es wäre jedoch höchst unangebracht, Handlosen vorschreiben zu wollen, dass sie sich gerade auf die Malerei zu werfen haben. Vielleicht findet einer sein Heil eher in der Schriftstellerei, beim Drechseln, in der Buchhaltung oder in der Konditorbackstube. Wer läse nicht gern ein mundgeschriebenes Buch, säße an einem Tisch mit mundgedrechselten Beinen oder genösse die Ordnung einer mundgeführten Buchhaltung! Besonders, wenn der Wein dazu aus dem mundgeblasenen Glas hervorragend – na? – mundet.

Wie es aber vorstellbar ist, dass ein Mensch ohne den Gebrauch seiner Hände sich zur Zuckerbäckerei hingezogen fühlt, so ist es auch vorstellbar, dass ein Mensch lieber Backwerk genießt, das mit Händen als mit Füßen gefertigt wurde. Aber darf man das? Ist es menschlich zu rechtfertigen, dass man lieber Hand- als Fußpetitfours verzehrt? Was sagt das Marktamt dazu? Ist irgendwo geregelt, mit welchen Gliedmaßen ein Konditor zu Werke zu gehen hat? Nur daraus, dass die Zuckerbäckerei in der Gewerbeordnung als Handwerk definiert ist, lässt sich wohl kaum eine Diskriminierung der Handlosen rechtfertigen.

Völlig klar ist hingegen, dass Plasmaspenden super ist. Die ethischen Schwierigkeiten, die sich aus der Nutzung von Tieren ergeben, hat Douglas Adams ja einst zumindest theoretisch aus der Welt geschafft, indem er eine Kuh postulierte, die nicht nur gegessen werden will, sondern auch in der Lage ist, das deutlich zu artikulieren. Dass das funktioniert, beweist die Plasmaspende: Der Mensch begibt sich ins Plasmazentrum, um sich dort gegen Bezahlung Körperflüssigkeit abzapfen zu lassen, und niemand findet etwas daran auszusetzen. Ganz im Gegenteil: Man tut Gutes und bekommt auch noch Geld dafür, während man beim Roten Kreuz fürs Vollblut mit einem Paar Würstel – na? – abgespeist wird. Jetzt müssen wir es nur irgendwie hinkriegen, dass das Vieh freiwillig zur Melkstation kommt, um dort die Milch gegen – naja, also gegen irgendwas zu tauschen, womit Kühe sich einen netten Abend machen können.

Trotzdem bleibt natürlich ein eigenartiger Nachgeschmack. Teile seines Körpers zu verkaufen, auch wenn es flüssige Teile sind, ist doch etwas anderes, als sich eine Leistung abgelten zu lassen. Im immer wieder faszinierenden Bereich der Fäkaltransplantation entfalten Menschen ein segensreiches Wirken, deren Körperabfall in Sachen Mikrobesiedlung besonders glücklich bestückt ist. Ob sie dafür entlohnt und damit also tatsächlich zu Geldscheißern werden, ist eurem Ergebenen nicht bekannt, jegliche Bezahlung verblasste aber ohnehin zur Bedeutungslosigkeit neben dem Ehrentitel, den diese Premiumausscheider führen dürfen: Es sind die sogenannten Super Pooper. Schönes Wochenende!

Samstag, 3. Juli 2021

Rettung

 

Heute, meine lieben Lesehäschen, heute schauen wir uns an, wann eigentlich etwas passiert und wie lange es dauert. Das ist ja nicht schwer, weil man zum Beispiel von 9 bis 12 Uhr Schule hat. Vielleicht ist man auch im Jahr 1980 geboren oder hat in der letzten Woche mit dem Training begonnen. Das sind sogenannte Temporaladverbiale, die wir gerne mit wann? erfragen. Etwa: Wann haben Sie erstmals erfahren, dass Schmid gern ÖBAG-Vorstand werden wollte? Das korrekte Temporaladverbial lautet natürlich: Dazu habe ich keine Wahrnehmung. Oder: Die ÖVP wurde am 17. April 1945 gegründet.

Dem aufmerksamen Häschen ist nicht entgangen, dass die Beispiele alle mit Präpositionen (von–bis, im, in, am) eingeleitet werden. Es gibt auch reine Temporaladverbien, die ohne Präpositionen auskommen und die man häufig gut brauchen kann: jetzt, morgen, inzwischen oder früher. Noch ein Beispiel? Na klar: Heute ist der Bezug zur katholischen Soziallehre nicht mehr so eindeutig wie damals. Das waren gleich zwei Temporaladverben in einem Satz! Nicht schlecht für Freitag.

Das ist aber noch nicht alles. Denn vielleicht ist es dir wichtig, loszuwerden, dass du nicht nur gestern fleißig warst. Vielleicht willst du vielmehr betonen, wie fleißig du warst: Gestern habe ich den ganzen Tag die Wohnung geputzt. Hier haben wir das Temporaladverb gestern und etwas anderes, nämlich den ganzen Tag. Letzteres ist ein sogenannter adverbialer Akkusativ, den es in den Geschmacksrichtungen lokal und temporal gibt:

Der Untersuchungsausschuss tagte den ganzen April.

Er hört den ganzen Weg zur Schule Musik.

Der adverbiale Akkusativ ähnelt äußerlich dem Akkusativobjekt. Man kann ihn aber nicht durch ein Pronomen ersetzen, weil Der Untersuchungsausschuss tagte mich ein Blödsinn ist. Und er bleibt ein Akkusativ, wenn wir den Satz ins Passiv stülpen:

Musik wird von ihm den ganzen Weg zur Schule gehört. Die Musik verwandelt sich vom Akkusativobjekt ins Subjekt, während der ganze Weg stur im Akkusativ verharrt wie Sobotka auf dem Posten des Vorsitzenden.

Wenn man Pech hat, stoßen einem im Leben Temporaladverbiale zu, die deutlich unangenehmer sind als das Kleben am Ausschussvorsitz oder die Reinigung der Nassräume. Dann entstehen Sätze wie: Die Dreizehnjährige wurde vor ihrem Tod vergewaltigt. Dasselbe gilt für Lokaladverbiale: Der Tatverdächtige blieb trotz mehrfacher Vorstrafen in Österreich. Manchmal gibt es sogar unangenehme Lokal- und Temporaladverbiale im selben Satz:

Die zwölfjährige, in Österreich geborene Tina wurde im Februar nach Georgien abgeschoben.

Doch halt! Hier zeigt sich, dass man auch als asylpolitischer Hardliner seinen Hölderlin nur genau lesen muss: Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch. Wenn man die Sache recht bedenkt, tut man den unbescholtenen Mädchen ja nicht mit falsch verstandener Milde, sondern mit noch größerer Härte etwas Gutes. Mögen autochthone Eltern angesichts der Gewalttat ihre Kinder nun noch strenger dazu anhalten, spätestens um zehn zuhause zu sein, so muss man als Politiker natürlich weiter denken und sich fragen, wo „zuhause“ denn ist und wo die Kinder also zur bestimmten Zeit sein sollten, damit sie vor Missetätern sicher sind.

Hätte man nur rechtzeitig einen Grund gefunden, die ermordete Dreizehnjährige so rechtmäßig abzuschieben wie (zum Beispiel) die Zwölfjährige, dann könnte sie noch leben. Das ist die Chance für Herrn Nehammer, sich vom herzlosen Paragraphenreiter zum Retter der Unschuldigen zu reframen. Schönes Wochenende!