Im Standard, o rechenstarke Lesehäschen, war heute zu lesen, britische Behörden hätten die „größte Kokainlieferung aller Zeiten“ beschlagnahmt. Der Text brachte dann die fällige Korrektur: Es war die größte Lieferung, „die je in Großbritannien beschlagnahmt wurde“. Wie groß die nicht beschlagnahmten sind, weiß man natürlich nicht. Mit dem Kokain ist es halt so wie mit den Wölfen: Dass von 1950 bis 2020 in Europa nur 20 Angriffe von Wölfen auf Menschen nachgewiesen sind (die Tollwutfälle nicht mitgerechnet), könnte auch daran liegen, dass Wölfe im Zweifelsfall keine Spuren hinterlassen, sondern eventuell (Filmtipp) nach dem Prinzip Bones and All operieren.
Fraglich ist auch, warum so viele Filme sich an Haiangriffen auf Menschen abarbeiten, dass man ohne weiteres ein ganzes Wochenende Schwanzflossenaction bingen könnte, ohne an ein Ende zu kommen, während Wölfe mit sehr seltenen Ausnahmen höchstens eine Nebenrolle spielen. The Grey hatte zwar Liam Neeson, war aber jetzt trotzdem nicht der Burner im Vergleich zu Deep Blue Sea, dem Lieblingshaifilm eures Ergebenen. Es kann wohl kaum daran liegen, dass Haiangriffe gut zehnmal so häufig sind wie Wolfsangriffe (und immer noch dreimal so häufig, wenn man die tollwütigen Wölfe mitzählt, was aber gegenüber den Haien unfair wäre, die ja keine Tollwut bekommen können). Schließlich gibt es einerseits eine ganze Menge Filme, in denen Aliens uns Böses wollen, die noch seltener in offiziellen Statistiken auftauchen als Wölfe, andererseits aber keinen einzigen, in dessen Mittelpunkt eine Killerkuh steht (euer Ergebener freut sich natürlich über sachdienliche Häschentipps, denn seit Ticks, einem Meilenstein des Billighorrors, der sich um melonengroße Zecken drehte, scheint alles möglich). Und das, obwohl Kühe allein in den USA jährlich über 20 Menschenleben auf dem Gewissen haben, wobei sie nicht einmal bewaffnet sind, wozu in den USA schon ein bewusster Entschluss gehört. In Österreich schaffen Kühe im Schnitt nur alle fünf Jahre einen Menschen, woraus erhellt, dass unsere Kühe deutlich friedfertiger sind als die amerikanischen.
Bevor jetzt jemand mit roten Tüchern daherkommt: Mehr als die Hälfte der Problemrinder sind Kühe, nicht Stiere, was freilich auch damit zu tun haben könnte, dass Stiere oft jünger sind, wenn sie auf dem Teller landen, und daher weniger Gelegenheit haben, jemanden auf die Hörner zu nehmen. Dass Rinder mit Y-Chromosom nicht „männliche Kühe“ heißen und „weibliche Kühe“ doppelt moppelt, haben wir ja schon vor Corona geklärt, also praktisch gestern, weil die Pandemie uns ja einen gesamtgesellschaftlichen Filmriss verpasst hat, leider mit dem entsprechenden Kater seither, aber ohne lustigen Rausch davor. Vielleicht bescheren uns ja die ganz banalen Masern das nächste ungute Erwachen, wenn wir uns blöd genug anstellen. Zumindest, wenn es nach der FPÖ-„Gesundheitssprecherin“ geht. Schönes Wochenende!