In einer Koalition findet zusammen, was zusammengehört, und wenn schon nicht dies, dann zumindest der Pallawatsch, den der Wählerwille sich zusammengemixt hat. Dass dies bei den Wörtern nicht anders sein kann, erkennt man unschwer daran, dass es auch hier österreichische Lösungen gibt.
Die sprachlichen Koalitionen sind besser als Zusammenziehungen, Verschmelzungen oder Kontraktionen bekannt, welch letzteres vielleicht heißen soll, dass die Sprache in den Wehen liegen muss, um ein neues Wörtchen gebären zu können.
Wie muss man sich das vorstellen? Im Prinzip wie bei den Leuten: Wenn sich zwei Wörter ganz, ganz liebhaben, entsteht mit etwas Glück ein drittes. Je nach Hintergrund der Eltern findet dieses Dritte leichter oder schwerer Aufnahme im erlauchten Club des standardsprachlichen Wortschatzes. Bei den Leuten geht so etwas am leichtesten, wenn die Eltern Immatrikulationshintergrund haben, bei den Wörtern, wenn eines eine Präposition, das andere ein Artikel ist. Denn die deutschen Schmelzwörter sind zum, zur, im, ins, am, beim und ähnliche. Aus zu dem wird zum, aus in das wird ins und so weiter. Dank dieser Schmelzwörter kommt man schneller zum Ziel, weil man zum Beispiel nicht erst umständlich an das Meer fahren muss, sondern direkt ans Meer, wo man dann auch schon am Strand liegt. Natürlich liegt es im Ermessen des einzelnen Sprachhäschens, ob es Schmelzwörter nutzt. Wer es aber nicht tut, steht vielleicht bald in dem Ruf, ein bisschen ein Umstandskrämer zu sein. Denn wenn es schon Abkürzungen gibt, dann benutzt man sie halt auch.
Natürlich gibt es Schmelzwörter, die es einstweilen noch nicht in die Standardsprache geschafft haben, aber wenn sie brav Beziehungen knüpfen, kann das noch werden. Hierher gehören zum Beispiel aufs, unterm, durchs und allerlei Dialektcousins und -cousinen wie willsu, hamma, gemma et cetera.
Und was ist mit der österreichischen Lösung? Die findet sich im am. Denn deutsche Deutschspreche finden nichts am Weihnachtsbaum, wenn der gefräßige Nachwuchs mal wieder schneller war. Sie haben am Fenster Blumen stehen, gehen am Abend ins Kino und haben eventuell Butter am Kopf. Österreichische Österreichischsprecher kriegen das auch alles hin. Sie können aber außerdem ihr Auto am Parkplatz abstellen, aber so, dass es mitten darauf steht und nicht daneben. Nutzt aber nix, sie finden dann erst nichts am Markt. Denn in Deutschland hat am zweieinhalb Eltern, nämlich an und dem oder einem. In Österreich hat am einen Zwilling, der ihm zu einem Verwechseln ähnlich sieht und dessen Eltern, den Sprössling von auf und dem oder einem. Deshalb darf man in Österreich auch etwas am Tisch liegen haben, während Deutsche in diesem Fall etwas am Sprachgebrauch ihres Gegenübers finden.
Wer freilich am Nachdenken, Arbeiten oder Schreiben ist, der spricht überall umgangs.
Schönes Wochenende!