So meine Lieben,
bitte Ruhe, wir haben ein volles Programm. Erstens
als Nachtrag zur letztwöchigen Kolumne eine hübsche Syllepsis, geliefert vom gestrigen Standard: „Zum Start der Messe wird eine eigene Games-Beilage in der
Tageszeitung erscheinen und unter den Besuchern verteilt.“
Na, haben alle die
Syllepsis entdeckt?
Genau: Das „wird“ wird hier über Gebühr beaufschlagt.
Mit „erscheinen“ bildet es das Futur,
mit „verteilt“ gleichzeitig das
Passiv, jedoch im Präsens. Das klappt so nicht. Korrekt müsste die Formulierung
entweder lauten „erscheint ... und wird
verteilt“ oder aber „wird erscheinen
... und verteilt werden“.
Zweitens bedarf ein Satz aus dem Briefing eines hoffentlich baldigen Kunden der
näheren Betrachtung – etliche kennen ihn schon:
Gemeint ist kein Motto im Sinne eines
Promotion-Slogans, sondern ein Motto im Sinne einer deskriptiv verbalisierten
„Gedanklichkeit“.
Die scheinbar so
unschuldige Erläuterung erweist sich bei näherem Hinsehen als sehr betrüblich,
weil aus ihr ein tiefes Misstrauen gegenüber unserem Tun spricht. Ist hier doch
ein Gegensatz konstatiert zwischen einem
„Promotion-Slogan“ und einer
„deskriptiv verbalisierten ‚Gedanklichkeit’“. Sollte ein Promo-Slogan nicht
vielmehr genau das leisten? Verständlich ausdrücken, worum es geht, wie die
Promo gemeint ist? Beinah noch bedenklicher sind die Anführungszeichen, in
denen sich Zweifel daran zu malen scheint, dass eine Promo Gedanken enthalten
kann.
Ich glaube, dass die
Verfasserin* dieses Satzes von der Werbung einmal tief enttäuscht worden ist
und dieses Trauma noch nicht hinreichend verarbeitet hat. Wie gesagt, sehr
betrüblich.
Drittens schließlich begrüßen wir mit einem höflichen Applaus unsere neue
Rubrik, für die ich recht herzlich um eure Einsendungen bitte. Gesucht ist
DAS FEEDBACK DER WOCHE!
Ich eröffne mit der
Frage:
„Eisbär ist doch keine Jahreszeitenbezeichnung oder
doch?“
Erhalten habe ich diese
beistricharme Reaktion auf die Wendung „von
Eisbär bis Hochsommer“.
Nun ist es schon
bemerkenswert, dass jemand diese Synekdoché**
nicht aufzulösen vermag, besonders, wenn die Jemandin sich einen
Hochschulabschluss umgehängt hat. Es drängt sich wieder einmal die Frage auf,
ob man es hier mit genuiner Dummheit, mit schlecht verhohlener Bosheit oder
doch mit Wald-und-Wiesen-Betriebsblindheit zu tun hat. Das schnippisch
nachgesetzte „oder doch“ lässt mich
auf Bosheit tippen. Genauso gut könnte sich ein Immobilien-Brand-Manager
beklagen, dass „die eigenen vier Wände“
keine geeignete Bezeichnung für eine Eigentumswohnung seien, weil eine Wohnung
ja Böden, Decken, Installationen und überhaupt mehr als vier Wände hat.
Zum Feedback der
Woche wird der Satz aber erst durch zwei von obgedachter Kundin mitgelieferte Gegenvorschläge:
„Von eiskalt bis Hochsommer“ und „Von
bitterkalt bis Hochsommer“.
Jaja, wie wir in der
Volksschule schon gesungen haben:
Es war eine Mutter, die hatte vier Kinder:
den Frühling, den Sommer, den Herbst und bitterkalt.
Das toppt ihr jetzt
mal schön!
*Genderklausel bitte
in der BamF vom 11. April nachlesen.
**Die Synekdoché ist
jene Redefigur, die einen Begriff durch einen anderen, thematisch verwandten
ersetzt. Der bekannteste Spezialfall ist wahrscheinlich das pars pro toto, d.h.
es vertritt, wie im Beispiel von den vier Wänden, ein Teil das Ganze.