Erstens, o gesetzestreue Lesehäschen, fällt den Leuten immer wieder ein neuer Schwachsinn ein, mit dem sie ihren Nebenmenschen auf den Senkel gehen können. Euer Ergebener schlägt sich gerade mit einem Webshopbetreiber herum, bei dem er ein Ersatzteil bestellt hatte, das dann doch nicht benötigt wurde. Der Webshopbetreiber erklärte, für Bestellungen unter 50 Euro sei keine Rücknahme möglich, und verwies auf eine allerdings vage formulierte Website, auf der eine „Bagatellgrenze“ tatsächlich genannt wurde. Die Auskunft der Arbeiterkammer, dass das trotzdem Blödsinn sei, ignorierte er. Man wird sehen, wie das weitergeht.
Einstweilen kann man, wenn einem der Sinn danach steht, im Roman Männer töten (voll doppeldeutig!) von Eva Reisinger nach geschossenen Böcken suchen. Ich habe so eine Ahnung, dass man dabei fündig wird, und das nicht nur, weil sie hieramts schon das ein- oder anderemal zu Gästin war und dabei allerlei sprachlichen und (form follows function) inhaltlichen Unfug feilgeboten hat.
Sie hat anlässlich der Romanveröffentlichung auch Interviews gegeben, zum Beispiel dem Standard. Anscheinend werden in dem Buch etliche Männer recht blutrünstig umgebracht, und angeblich gibt es Leute, die doof genug sind, das zu kritisieren (Zitate solcher liefert die Autorin leider nicht), worauf sie empört erwidert: „Man sollte bedenken, wie Frauen in der Literatur seit Jahrhunderten ermordet werden. […] Bei Mord an Frauen scheint die Darstellung in Ordnung zu sein, aber sobald es um Männer geht …“.
Vor der Leistung, einen Roman zu schreiben, in dem Leute umgebracht werden, ohne offenbar jemals einen anderen gelesen zu haben, in dem das ebenfalls geschieht, kann man nur ehrfürchtig den Hut ziehen. Hand hoch, wer schon mehr als einen Krimi gelesen hat und sich nicht erinnern kann, dass darin mindestens ein Mann aufs Unschönste abgemurkst worden wäre. Jetzt bitte alle an Ferris Buellers Wirtschaftsunterricht denken: „Anyone? Anyone?“ Dachte ich mir. Zu behaupten, dass in der bisherigen Literatur (auch schon vor Agatha Christie) Männer nicht routinemäßig gewaltsam über den Jordan geschickt worden seien – auf die Idee, diesen Strohmann aufzustellen, muss man erst einmal kommen.
Danach wird eine Szene beschrieben, in der Frauen mit Bierkisten auf dem Dorfplatz sitzen, während die Schulkinder vorbeigehen. Ein Mädchen winkt seiner Mutter zu. Diese Spiegelung des Patriarchats sei interessant, wird im Interview angedeutet.
Liebe Lesehäschen, euer Zweckdichter stammt vom Land. Vielleicht läuft es dort, wo Frau Reisinger herkommt, ja anders. Aber nach meiner Erfahrung ist es generell eher unüblich, dass Leute gleich welchen Genders mit Bierkisten auf dem Dorfplatz sitzen. Wenn man dieser Szene einen genderistischen Spiegel vorhält, ist darin nichts zu sehen.
Dann fällt noch der schöne Satz: „Ich wollte damit zeigen: Sobald Männer verschwinden, beginnen alle nachzuforschen. Aber wenn Frauen im Schnitt jede zweite Woche ermordet werden, ist es kein Skandal.“ Da gibt es so ein Sprichwort, irgendwas mit Obst. Ich komme gerade nicht drauf, aber dass zwischen „nachforschen“ und „skandalisieren“ ein Unterschied besteht, auch wenn die Reisinger ihn leugnet, das weiß ich gerade noch.
Sagen wir so: Wenn ich das Geld für das blöde Ersatzteil wiederbekommen habe, lese ich vielleicht das Buch. Bis dahin lass ich mir das Interview genügen. Schönes Wochenende!